Wir wollen es gar nicht wissen. Punkt.
Alle paar Jahre taucht sie auf - die Diskussion um die Abtreibung in Österreich. Dann wird regelmäßig mit erheblicher Emotion debattiert und wir stellen fest, dass jede Abtreibung eine zuviel ist, dass aber alle Beteiligten, die Frauen und Männer, die betroffenen Mediziner und Berater höchst verantwortungsvoll mit dem Thema umgehen, sich niemand etwas vorzuwerfen hat und eigentlich nichts wirklich zu machen ist, außer, daran zu arbeiten, dass es allen um soviel besser gehen soll, dass möglichst niemand mehr auch nur auf die Idee kommt, Abtreibung wäre eine Lösung.
Dies ist der sicherste Weg, ein erkanntes Problem wegzudebattieren und wieder für einige Jahre in die Versenkung zu schicken, aus der es dann erneut auftaucht.
Würden wir Lösungen suchen, hätten wir genügend Know-how, wie vorzugehen wäre. Wir würden sehr genau erheben, woran es liegt, dass wir seit 32 Jahren eine höchst unbefriedigende Situation vorfinden. Wir würden Erhebungen durchführen und alle Fragen, untersuchen, die uns Aufschluss geben könnten, warum Frauen diese prekäre Entscheidung treffen. Was sind die Hauptgründe, warum Frauen abtreiben? Wer setzt sie unter Druck? In welchem Alter treiben Frauen ab und wie oft etc. Manche meinen, dass man aus Respekt vor den Frauen nicht einmal anonym diese Daten erheben darf. Aber muss ein Staat, der Frauen ernst nimmt, sich nicht unbedingt auch in diesem Bereich dafür sehr intensiv interessieren, was Frauen wirklich zu diesem Schritt bewegt, um wirksame Hilfestellungen anbieten zu können?
Die gestrige Diskussion im ORF hat gezeigt – alles beim Alten: Eigentlich kann man nicht viel tun, denn man weiß ja nichts. Man hat vage Vermutungen und den Eindruck von Einzelschicksalen, aber was Frauen wirklich wollen, das weiß in Österreich niemand, denn man traut sich nicht hinzusehen.
Dieser Zustand ist vielen willkommen, denn sie wollen es gar nicht wissen – Punkt.
In einer Zeit, in der wir eigentlich alles sehr genau wissen wollen, ein in meinen Augen seltsamer Zugang! Wer sich in wichtigen Fragen nicht hinzusehen traut, ahnt vielleicht die Gründe. Könnte etwas aus dem Nebel des Nichtwissens auftauchen, das uns dann in der Folge vor Probleme stellt, die wir unbedingt vermeiden wollen? Oder befürchten manche Antworten, die sie ganz bestimmt nicht hören wollen, weil sie ihre Einstellung zu dem Problem grundsätzlich in Frage stellen würden? Aber ohne zu wissen was läuft, werden wir nie und nimmer Lösungen finden.
Wir leben schon seit Jahrzehnten mit diesem Zugang und so nehmen wir an, wir vermuten dies und das und ergehen uns in langen Debatten, was denn sein könnte oder auch nicht. So vermuten wir, dass mit mehr Verhütung und mit besserer Kinderbetreuungsmöglichkeit, mit größeren Karrierechancen für Frauen oder mit mehr Kindergeld die Zahl der Abtreibungen gesenkt werden könnte. Alles das vermuten wir schon seit vielen Jahren, aber substantielle Erfolge sind ausgeblieben. Anstatt nun – angesichts des Versagens der bisherigen Vorgehensweisen - neue Zugänge zur Lösung des Problems zu suchen, machen wir weiter wie gehabt. Mehr vom gleichen Rezept, das auch schon bisher fehlgeschlagen ist, das ist Selbstaufgabe der Politik! Geht es überhaupt hauptsächlich um die Frage der vielzitierten Rahmenbedingungen? Wir wissen es einfach nicht.
Könnte es sein, dass unsere Annahmen der Vergangenheit der Realität gar nicht standhalten?
Könnte es sein, dass sich die Vermutung in Luft auflöst, dass es sich bei Abtreibungen ausschließlich um Situationen handelt, in denen sich eine Frau nach gründlicher Abwägung
aller Für- und Wider, nach unabhängiger Beratung und einer reiflichen persönlichen Bedenkzeit für eine Abtreibung entscheidet.
Könnte es sein, dass wir erkennen müssen, wiesehr Frauen in einer Ausnahmesituation völlig allein gelassen einem unglaublichen Druck ausgesetzt eine so bedeutende Entscheidung zu treffen haben?
Könnte es sein, dass Frauen ihre Situation als ausweglos wahrnehmen? Dass der Gedanke, auch eine Entscheidung für das Kind treffen zu können, weit außerhalb ihrer Möglichkeiten scheint? Und dass damit ihre Entscheidung auch keine freie mehr sein kann, denn wer keine Alternativen hat, kann nicht frei entscheiden?!
Könnte es sein, dass wir aus der Lebensgeschichte von Frauen, die sich zu einer Abtreibung entschieden haben und diesen Schritt später zutiefst bedauern, viel zu lernen hätten?
Warum haben wir keine Antworten auf diese Fragen? Weil nicht sein kann, was nicht sein darf?
Wird am Ende der Abtreibungsdebatte 2008 - wie bisher - die Erkenntnis stehen, dass es besser sei, nicht hinzusehen, nichts zu wissen? Wird es weiter keine Untersuchungen geben, die Voraussetzung dafür wären, solide Lösungen in Angriff zu nehmen?
Hat niemand in diesem Land den Mut genauer hinzusehen?
Darum mein Aufruf:
Wir Frauen müssen sicherstellen, dass wir gehört werden.
Wir wollen unsere Erfahrungen anderen Frauen zugute kommen lassen.
Was uns weiter gebracht hat und was uns verletzt hat soll anderen Frauen helfen, nicht in die gleichen Fallen zu tappen und nicht die gleichen Fehler zu machen.
Auch wenn offenbar niemand wissen will, wie es uns wirklich geht:
Wir sind nicht länger bereit zu schweigen, auch wenn viele das gerne hätten!
Eine Lösung für den Anfang: Schreibt eure ganz persönliche Geschichte anonym an die Redaktion dieser Zeitung - in der hoffentlich nicht unbegründeten Erwartung, dass uns „Die Presse“ eine Stimme gibt.
Elisabeth M. Leitner
1020 Wien
Warum Abtreibung? Wir wollen es gar nicht wissen. Punkt.
Menschliches Leben ist unantastbar - von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod
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