Der Linguist Josef Bayer erklärt in einem Gastbeitrag in der Welt, warum niemand richtig gendern kann, selbst wenn er sich noch so bemüht. Legt man für ein Gespräch die Forderung des Sprachphilosophen Paul Grice zugrunde, muss die angemessene Menge an Informationen geliefert werden, die für den Zweck der Kommunikation nötig ist. Die Doppelnennung („Bürgerinnen und Bürger") sei daher in einer Anrede für die Anwesenden nachvollziehbar, bei einer Benennung von Gruppen jedoch überflüssig, da jedem klar sei, dass eine Gruppe von Menschen alle Geschlechter meine. Die Idee, dass Gendern durch eine Doppelnennung sprachliche Gerechtigkeit herstelle, scheitere an der Zeit, die Sender und Empfänger haben, daher passen sie ihr Sprachtempo an. Das wiederum sorge dafür, dass Endungen verschwinden, wie man es täglich in Radio- und TV-Sendungen erlebt: „Durch sogenannte Schwa-Tilgung – Schwa ist phonetisch das dem unbetonten e entsprechende schwachtonige ə – wird aus Bürgerinnen dadurch Bürgerinn'n", so Bayer. Das komme wegen des erhöhten Sprechtempos beim Hörer statt einer echten Doppelnennung wie „Bürgern und Bürger" an.
Auch die Partizipkonstruktion, zu der dann gerne gegriffen würde, sei keine Lösung: „Ein Trinker ist bekanntlich jemand anders als ein Trinkender, also jemand, der gerade ein Getränk zu sich nimmt." Spätestens im Plural könnte das Gendern dann nicht mehr durchgehalten werden.
HINWEISE:
Sprachfeminismus in der Sackgasse