Nützen Krippen der Volkswirtschaft?
Anmerkungen zu suggerierten Bildungschancen
Die Studie wurde im Auftrag der Bertelsmann Stiftung von Sozialwissenschaftlern und
Ökonomen des privaten Forschungsinstitutes BASS in Bern erstellt. Es wurden keine eigenen
Daten erhoben, sondern anonymisierte Datensätze des SOEP (Sozio-oekonomische Panel)
übernommen. Es handelt sich um eine seit 1984 laufende jährliche Befragung privater
Haushalte in Deutschland. Der Datensatz wird Wissenschaftlern gegen eine Nutzungsgebühr
vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) zur Verfügung gestellt. Die
Stichprobe umfasste 2006 fast 11.000 Haushalte, in den Jahren 1990-1995 weniger.
Eine Untersuchung der Kinder erfolgte nicht. Es handelt sich lediglich um eine statistische
Hochrechnung weicher, abgefragter Daten, die zudem wenig spezifiziert aufbereitet wurden.
Die einseitige Fragestellung, „welchen zusätzlichen Nutzen der Besuch der Krippe in Bezug
auf die Einstufung auf der Sekundarstufe I bringt gegenüber dem alleinigen Besuch eines
Kindergartens“ lässt außer Frage, ob nicht auch negative Effekte auftreten könnten.
Die Datenerfassung ist unklar. Es bleibt offen, wie viele Kinder in welchem Alter wie lange
eine Krippe besuchen: In den „Krippenbesuchen vor 1995 sind bis zu maximal 20%
Tagespflege-Verhältnisse enthalten“, … es „sind keine Rückschlüsse über die Dauer des
Besuchs möglich“, … „die meisten (wie viele?) der Kinder gehen erst im Alter von 2 Jahren in
die Krippe“.
In die Kategorie „Keine Betreuung“ werden diejenigen Kinder eingestuft, deren Eltern sich
selbst um die Betreuung kümmern und ihre Kleinkinder nicht in Institutionen abgeben.
Behauptungen statt Belege dominieren die Interpretation der Ergebnisse. Es finden sich keine
Darstellungen, wie sich z.B. die Betreuungseffekte pro Jahrgang auswirken, welche
Auswirkungen es hat, ob Eltern getrennt oder zusammen leben oder wie sich die emotionale
Entwicklung der Kinder gestaltet hat. Über ganze Jahrgänge hinweg werden stets nur
Durchschnittswerte gebildet.
Es wird niemand bezweifeln, dass intelligente Kinder – auch nach einem Krippenbesuch –
Gymnasialempfehlungen und Gymnasialabschlüsse erreichen können. Das war jedoch nicht
Zielsetzung dieser Veröffentlichung. Vielmehr werden aufgrund einer ungenügenden
Parallelisierung bzw. Nichterfassung von Daten Scheinkorrelationen dargelegt, die einer
Überprüfung nicht standhalten.
Ob sich diese Humankapitalinvestitionen in Krippen rechnen, ist daher ungewiss.
Möglicherweise bekommen Eltern aber ein schlechtes Gewissen, wenn sie der Volkswirtschaft
ein steigendes Bruttoinlandsprodukt vorenthalten, weil sie selbst ihre Kinder fördern, ganz
abgesehen von den zusätzlichen Einkommenseffekten bei den Eltern, die fiskalisch in Form
von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen genutzt werden könnten.
siehe:
Fritschi,T.; Oesch,T.: Volkswirtschaftlicher Nutzen von frühkindlicher Bildung in Deutschland. BASS AG, Bern 2008
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